Co-Create Workshop „Urban Interventions“
WS 2013/14, Leitung: Imanuel Schipper, Cecilie Sachs Olsen

Urban Interventions nennt man die Weiterentwicklung künstlerischer Interventionen im urbanen Raum. Es ist ein Wechselspiel von Kunst, Architektur, Performance, Installation und Aktivismus. Das Öffentliche wird zu einem privaten Erlebnis. Die oft anonymen Arbeiten beschäftigen sich mit jeglichen Aspekten und Bestandteilen der Stadt. Die Straße wird zur Leinwand und Galerie, zum Atelier, Labor und Club. Die Kunst kommt zum Publikum. Modifizierte Straßenschilder, Schaukeln an Bushaltestellen und Bilder aus Sand oder Schnee fordern uns heraus, unsere Umwelt zu entdecken, sie auf neue Art wahrzunehmen und mit ihr zu interagieren. Urban Interventions kommentieren und kritisieren auf intelligente Art und nehmen Bezug auf die Planung, Nutzung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raums.

Im Rahmen eines einwöchigen transdisziplinären Co-Create Workshops an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel HGK entwickelten die Studierenden in Kleingruppen eigene Projekte im Stadtraum von Basel.

In der Folge finden sie eine Auswahl dieser studentischen Arbeiten:

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FARBQUELLEN

Von David Reichlin, Frank Hofer und Larissa Fehr 

Idee

Die langen Tage des Sommers sind langsam aber sicher vorbei. Der Herbst bringt graue Regentage und kühle Temperaturen. Viele Menschen kriegen mit dem nahenden Winter eine melancholische Stimmung. Wir wollen mit unserer Intervention im öffentlichen Raum wieder Farbe in den tristen Alltag der Passanten bringen. Wasser haben wir zu unserem Element gewählt. Ein Gut dem wir jeden Tag begegnen, ihm jedoch kaum Beachtung schenken. Mit unserem Projekt „Farbquellen“ wollten wir den Fokus bewusst auf die  transparente und fast farblose aber lebensnotwendige Flüssigkeit lenken. Die Transparenz wird durch die Färbung aufgehoben. Der Blick der Passanten wird bewusst auf das Wasser gelenkt. Es entsteht Irritation und Verwunderung. Wir lassen das gefärbte Wasser durch die Stadt Basel fliessen und erzielen eine neue Wahrnehmung des Elements.

Umsetzung / Intervention

Die ursprüngliche Idee Pfützen einzufärben und die Regentage bunt zu färben, gestaltete sich nach Petrus Launen etwas schwierig. Dennoch haben wir unsere Aktion an zwei Plätzen durchgeführt. Die Suche nach einem geeigneten Ort stelle sich schwieriger heraus als angenommen. Kriterien wie die Bodenbeschaffenheit und die Begegnung mit Passanten standen im Vordergrund. Unsere Wahl fiel auf den Rümelinsplatz und die Rosentalanlage. Die Aktion musste zügig durchgeführt werden.

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Wir entschieden uns die drei Grundfarben zu verwenden um eventuell eine schöne Vermischung auf den Plätzen zu erreichen. Vorab haben wir unsere Petflaschen mit gefärbtem Wasser aufgefüllt um die Aktion schnell und möglichst unauffällig durchzuführen. Die Interventionen haben uns leider nicht vollständig zufrieden gestellt da der Regen definitiv ausblieb.

Wir entschieden uns, dass wir weiterhin mit gefärbtem Wasser arbeiten, uns jedoch von den Pfützen lösen. Die einzigen Pfützen die auch bei schönem Wetter bestehen, sind Brunnen. Wir beschlossen uns, einen solchen einzufärben und zum Überlaufen zu bringen. Unsere Wahl fiel auf den Basilisk Brunnen vor dem Hyperwerk. Hinter dem Brunnen ist eine kleine Grünfläche. Wir wollten bewusst auf das Umfeld reagieren und entschieden uns den Brunnen in der Komplementärfarbe zur Wiese einzufärben.

Aus dem Wasserfall formte sich ein rotes Bächlein, das sich seinen Weg zwischen den Pflastersteinen bahnte und in einem Senkloch verschwand. Die Umgebung hat sich in dem gefärbten Wasser gespiegelt und uns neue Perspektiven eröffnet. Das ganze wurde akustisch von einem schönen Plätschern und Rauschen begleitet.

Dokumentation

Wir haben unsere Aktionen sowie die Reaktionen der Passanten auf Videos festgehalten. Zusätzlich dazu haben wir auch diverse Situationen fotografisch festgehalten. Dabei haben wir besonders auf Reflexionen im Wasser und schöne Farbkontraste geachtet sowie die Reaktion auf das Umfeld.

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Endresultat / Fazit

Wir mussten bei jeder Aktion Kompromisse eingehen und Abstriche bei der Umsetzung machen. Zusätzlich war es eine grosse Herausforderung dieses Projekt in einem solch knappen Zeitfenster zu planen und zu realisieren. Unser Projekt war anfangs auch noch stark Wetterabhängig, was eine Änderung des Konzepts forderte. So entsprach die Intervention zwar nichtgänzlich unseren Vorstellungen, war aber trotzdem zufriedenstellen und eine tolle Erfahrung. Es ist erstaunlich was Farbe mit Mensch und Umfeld bewirken kann. Die Reaktionen der Passanten fielen sehr unterschiedlich aus. Sie reichten von verachtenden Blicken bis zur völligen Begeisterung. Wir hoffen, dass wir so ein wenig Farbe in den Alltag einiger Passanten bringen konnten.

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HOME

Von Meri Vukovic und Stefan Staub

Was ist ein Zuhause? Ist es der Ort an welchem man die Maske ablegt und sich fühlen und verhalten kann wie man will, ohne bewertet und gemustert zu werden? Oder ist es der Ort an welchem die eiserne Hand der Einsamkeit mit voller Wucht zuschlägt; um zwölf Uhr; nachts? Wahrscheinlich beides. In unseren Breitengraden ist ein Zuhause ein Konstrukt welches eingerichtet wird nach persönlichem Geschmack und Gutfinden, Hand in Hand mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Sei es ein altes Fabrikgebäude, sei es eine renovierte Altbau Wohnung oder die Hippe Neubau Wohnung für 4000.-CHF auf dem alten Metzger Areal im Trend Quartier deiner Stadt.

Fakt ist: All diese Möglichkeiten haben immer im Minimum vier Wände, die wir als die unseren betiteln, und in welchen wir machen können was zum Teufel wir wollen, ein Ort für mich und meine Freunde und eine Abgrenzung für solche die es nicht sind.

Was passiert also wenn wir ein, nach unserem ermessen, Durchschnittliches Schweizer Wohnzimmer konstruieren welches alles außer die vier Wände beinhaltet? Wie reagieren die Leute auf uns? Wahren sie den erlernten Respekt vor unserer Privatsphäre? Sprechen sie uns an? Vertreiben sie uns? Lachen sie? Schütteln sie den Kopf?

Wir legen unsere Maske ab in dem wir eine neue Überziehen, die welche der privat Person welche Zuhause sitzt auf die Arbeit wartend, die stärkste Schweizer Zeitung lesend, Tee trinkend und Fernseher schauend. Wir wollen erfreuen, stören, zum denken anregen aber vor allem wollen wir nicht egal sein.

Aufbau 1: Für das Wohnzimmer wählten wir eine Umgebung welche in starkem Kontrast zur eigentlichen Heimeligen Atmosphäre steht. Eine Unterführung an der ersten Bushaltestelle der Linie 30 ab Bahnhof Basel. Die Umgebung ist kalt, zweckmäßig und alles andere als einladend. Mit einer Couch, einem Fernseher, einem Wohnzimmer Tisch, diversen Bildern, einer Stehlampe und mit einem Teppich versuchten wir diesen Zustand zu ändern. Nicht eine einzig Person hatte die Courage uns anzusprechen, wir ernteten teils Blicke doch ist die Wahrnehmung in einer Unterführung eine andere als gedacht.

Aufbau 2: Aufgrund der Situation in der Unterführung und den doch verhältnismäßig wenig Passanten in der Unterführung entschlossen wir uns das Wohnzimmer Offensiver zu platzieren. Im wissen das sich die Aussage unserer Installation verändert, zogen wir auf eine Kreuzung an welcher eine Bushaltestelle und ein Fußgänger Streifen in unmittelbarer Umgebung waren. Wir saßen, wir sprachen, wir tranken, wir haben gegessen und geschlafen, wir lebten. Teils zu zweit teils mit Gästen. Wiedererwarten erlebten wir keine Feindseligkeiten oder Polizei haben wir eben so wenig erfahren wie Unverständnis oder Kopfschütteln.  Umso Interessanter und spannend waren die Reaktionen auf unsere Wohnsituation. Die Leute lachten, fragten, diskutierten, oder setzten sich einfach nur zu uns.
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BRUNNENGESCHICHTEN

Von Jörg Quintern, Corinne Morf und Arlène Stebler

Basel besitzt eine Vielzahl an wundervollen Trinkwasserbrunnen. Diesen wird aber meist keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt, da sie längst schon zum Inventar gehören. Wir wollten einen spannenden, neuen Verwendungszweck schaffen, der zur Kommunikation anregt. Dabei bedienten wir uns an einem ebenfalls in Vergessenheit geratenen Element, der Flaschenpost. Die Kommunikation wurde durch die anonyme Weiterführung einer fiktiven Geschichte durch die Entdecker gestützt. Wir wollten die Entdecker einladen in eine Welt einzutauchen, in der Stadtlärm und Alltagsstress für eine kurze Zeit in den Hintergrund gerückt werden und sie sich kreativ ausleben können.
Uns dienten vier ausgewählte Brunnen als Kommunikationszentrale, in denen die Flaschen positioniert wurden. Wir wählten bewusst etwas abgelegene Plätze. Alle haben sie einen historischen Charme und eine verträumte Atmosphäre. Dazu haben wir einen Flyer gestaltet, der mit einer Stadt-Karte versehen ist auf der die einzelnen Brunnen eingezeichnet sind.
Diese Flyer wurden an verschiedenen Orten in der Stadt verteilt. Folgende Brunnen sind auf der Karte verzeichnet:
• Affenbrunnen am Andreasplatz
• Brunnen am Petersplatz
• Pisoni-Brunnen am Münsterplatz
• Brunnen Ecke Mühlenberg-St. Alban Vorstadt

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Die Flaschen sind einfache, transparente Glasflaschen mit Bügelverschluss. In jeder Flasche sind Papier und Stift, diese sind ebenfalls herkömmlicher Art.  Lediglich das Band, mit dem die Flaschen in dem Brunnen befestigt sind, ist ein buntes Geschenkband.

Alle verwendeten Materialien sind herkömmliche Haushaltsgegenstände. Wir haben für ein No-Buget Konzept entschieden, da dieses unsere Kreativität zusätzlich angeregt hat.
Der Zeitrahmen unserer Aktion war begrenzt. Drei Tage lang, von Donnerstag Nachmittag bis Sonntag Abend, haben wir die Flaschen vor Ort zurück gelassen.

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Wir teilten uns auf und montierten die Flaschenpost. Ein kleines Infoblatt und den Flyer haben wir, mit einfach zu entfernendem, Klebeband an den Brunnenhals geklebt.  Zusätzlich haben wir eine Facebook-Gruppe gegründet, in der die Mitglieder dazu aufgefordert wurden, die Brunnen aufzusuchen um an der Geschichte teilzuhaben. Am Sonntag haben wir die Flaschen, die noch vorhanden waren, eingesammelt.

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Leider blieb uns nur eine Flasche erhalten. Jene vom Andreasplatz. Die Reaktionen von Passanten waren unterschiedlich. Die meisten haben sich jedoch daran erfreut. Ergeben hat sich eine kleine Geschichte und ein bissiger Kommentar. Viel Weiteres kann man sich anschauen unter: www.facebook.com/brunnengeschichten

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SWEET KISSEN

Von Anja Spiegel und Julia Dennler-Schmitz

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Absicht:
Kernstück unserer Intervention ist, den Passanten in der Stadt ein Kissen zum Sitzen anzubieten. Wir machen damit eine Kunstaktion, bei der die Reaktionen der Menschen im Zentrum stehen. Das Kissen ist ein gewohnter Alltagsgegenstand, welcher jedoch in der Öffentlichkeit nicht erwartet wird. Der öffentliche Raum wird damit zu einem behaglicheren und privateren Raum. Die Qualitäten des Kissens, nämlich dass es weich ist und man darauf warm sitzt, lassen den Stadtraum körperlich und gemeinschaftlich neu erfahren.

Projektbeschrieb:
Mit roten Kissen wird der Stadtraum möbliert. Die gewählten Orte sind je eine Sitzbankgruppe auf dem Claraplatz und auf dem Barfüsserplatz. Wir haben den Passanten die Kissen entweder in die Hand gegeben oder auf den Bänken verteilt. Dadurch kommen wir in ungewohnten Kontakt mit den Menschen und der Umwelt. Dimensionen, Abstände zueinander und Beziehungen werden als verändert wahrgenommen.

Zielgruppe:
Angesprochen werden Menschen unterschiedlichen Alters und verschiedenster sozialer Schichten und Nationalitäten, welche sich im öffentlichen Raum aufhalten.

Ziel:
Beobachtet wird die spontane Reaktion der Teilnehmer, ihr Feedback mit Worten und Handlungen.

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Ergebnis:
Wir haben sowohl bei uns selber wie auch bei den Teilnehmern nur positive Erfahrungen und Reaktionen feststellen können. Die Aktion wurde generell mit Humor und Bestätigung, nämlich dass das Kissen bequem ist, aufgenommen. Auch dass wir keinerlei Erwartungen an die Teilnehmer hatten, hat ihnen die Möglichkeit zum spontanen Gespräch gegeben. Über das Kissen konnten wir in einen näheren Kontakt treten, welchen man sonst nicht so unmittelbar hätte erreichen können. Eine direkte und ehrliche Kommunikation wurde angeregt.

Das Abgeben von einem Flyer, auf dem der Titel vom Projekt und wir als Künstler genannt waren, wurde mit Skepsis wahrgenommen. Dieser hat den Kontakt eher ins Stocken gebracht, weil die Teilnehmer nun glaubten, wir wollten etwas verkaufen. Aus diesem Grund haben wir bei den nächsten Aktionen auf den Flyer verzichtet.

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GET A MESSAGE

Rhea Loser, Taru Schmid, Mela Medina

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Idee
An jedem Tag herrscht reger Pendlerverkehr. Viele Leute beschäftigen sich mehr mit ihrem Handy und ihrer Zeitung als mit ihrer Umwelt und den Menschen die sie täglich begegnen. Mit Musik und Games kapseln sie sich ab. Wir wollten die Menschen mehr für ihre Umwelt und Mitmenschen sensibilisieren und erreichen, dass sie miteinander in Kontakt treten. Die Passanten sollten bewusst zum Zerplatzen der Ballone provoziert werden.

Ort
Die Haltestelle «Wettsteinplatz» in Basel bot sich sehr gut für unsere Aktion an. Dort gibt es einen regen Wechsel von Umsteigern und Wartenden. Nachdem die Tram abgefahren ist dauert es einige Minuten bis sich der Platz wieder mit Pendlern füllt – Der ideale Zeitpunkt um möglichst ungestört die Ballone und Pins aufzuhängen. Um ca. 14:00 Uhr direkt nach Abfahrt der Tram, haben wir die Ballone aufgehängt. Um ca. 18:00 Uhr waren alle Ballone zerplatzt.
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Materialisierung
300 bunte Ballone sind «Eye-Catcher» für Kinder und Erwachsene und Nachrichtenträger. Die überdimensionalen Pins aus Karton mit der Aufschrift «Get a message» geben einen Hinweis auf Nachrichten in den Ballonen.

Nachrichten
Wir hatten verschiedene Arten von Zettelchen vorbereitet.
Ortsbezogen
„Wer wohnt im roten Haus?“| „Ist dir das blonde Mädchen schon aufgefallen?“| „Wer arbeitet eigentlich im Kiosk?“ | „Wo sitzt der Sprecher der Durchsagen?“ > Die Pendler sollten so ihre Umgebung bewusst wahrnehmen

Philosophisch
„Ist es wichtiger, dass es der Welt gut geht, oder mir?“| „Lasse ich mich vom Glück finden?“| „Liebe ich jemanden, und woraus schliesse ich das?“ „Bin ich speziell?“ > Inspiriert von Fischli/Weiss. Diese Fragen wollten wir den Leuten mit auf den Weg geben, als Anstoss und Anregung.
Aufforderungen
«Mache jemandem ein Kompliment.» | «Sprich eine fremde Person an», «Erzähl jemandem im Trämli von dieser Aktion» oder «Winke der Person gegenüber zu» > Die Pendler sollten den Kontakt zu anderen Wartenden aufnehmen und die Menschen um sie herum wahrnehmen.

Dokumentation
Wir haben uns unter die Wartenden gemischt und heimlich gefilmt und fotografiert. Ein Kurzfilm beschreibt  unsere «Urban Intervention»:

Reaktionen, Beobachtungen
Die meisten Passanten scheinen sich am bunten Spektakel erfreut zu haben. Obwohl einige (sogar Kinder) zunächst grosse Hemmungen hatten die Ballone zu zerplatzen, gab es immer wieder jemanden der den Anfang machte und so andere mit-motivierte. Die Pendler sind miteinander in Kontakt getreten und haben ihre Umgebung mit neuen Augen gesehen.

Fazit
Wir haben uns sehr an den Reaktionen der Passanten gefreut. Bei einer erneuten Umsetzung würden wir weitaus mehr Ballone aufhängen um die Wirkung zu verstärken. Dass am Abend sämtliche Ballone zerplatzt waren und sogar die Pins mitgenommen wurden, zeigt uns, dass unsere Aktion erfolgreich war.

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bART

von Timon, Romana, Oriana

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Urbane Interventionen kommen in unterschiedlichsten Formen daher – ob jetzt als Street Art, Happening oder Artivism. Sie intervenieren auf verschiedenste Art und Weise im urbanen Raum und durchbrechen Alltag und Gewohnheit. Sie regen zum nachdenken oder schmunzeln an. Wir haben uns insbesondere fürs Attachement interessiert: Die Form von Intervention, bei der man durch anfügen eines Objektes an eine bestehende Stelle im städtischen Raum einen künstlerischen Moment oder eine Aussage erzeugt.

Zu dritt machten wir uns auf die Suche Ideen für Attachements, sowie Locations wo sie angebracht werden könnten. Nach langem Brainstorming bestand unsere Hauptaufgabe eher darin, die Schwemme der Ideen auszusortieren. Schlussendlich bewegte uns eine bereits besuchte Location mit ihrer Vegetation zum Entschluss:  Bei der Schifflände haben uns die Bart-ähnlichen Pflanzen an Gesichter erinnert und uns (unter anderem) zum Montieren von Masken inspiriert. Die Masken sollten an der Mauer bei der Anlegestelle so platziert werden, dass sie zusammen mit den Pflanzen einzelne Gesichter mit Bärten ergeben. Der objektive Nutzen der Intervention sollte als Verschönerung und Attraktion verstanden werden, die Masken symbolisieren Anonymität. Wir waren uns einig, dass die Masken in weiss gehalten werden sollten um einen grösseren Leuchteffekt zu erzielen.

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Zusammen besuchten wir erneut die Schifflände um die genaue Platzierung der Masken zu definieren. Nach einiger Besprechung hatten wir die exakte Platzierung für die Gesichter festgelegt und konnten uns somit gleich der Umsetzung widmen. Mit weissen Plastikgesichtern, etwas Draht und einer Leiter trafen wir uns wieder bei der mittleren Brücke zum Aufbau. Allein mit dem Gummiband der Masken konnten wir elf solche an den Büschen befestigen, mancherorts wurde mit Draht nachgeholfen. Durch Einschneiden oder Wegschneiden mancher Maskenteile konnten wir ein wenig Gestrüpp durchziehen und so den „haarigen“ oder „bärtigen“ Effekt steigern. Während des ganzen Montierens wurden wir trotz gut bevölkerter Brücke nur ein einziges Mal angesprochen: Ein enthusiastische Dame interessierte sich für unser Vorhaben und wünschte uns viel Spass.

Zum Schluss versahen wir die Wand mit einer Aufschrift: „Zünftige Fahrten“ schrieben wir in Kreide an die Wand. Damit wollten wir einerseits die zünftigen Fahrten der Schiffsfahrgäste, ihren Alltagsstress und den Alltagsstress aller Fahrgäste in Basel ansprechen. Andererseits wurden wir danke einer Bronzeplakatte oben an der Brücke darauf aufmerksam, dass an eben diesem Ort jahrhundertelang die Zunft der Schiffsfahrtsleute stand. Somit auch ein Wortspiel mit „Zunft“ und „zünftige Fahrten“. Was die Aufschrift aber für den Betrachter heissen sollte, wollen wir ihm oder ihr der Interpretation überlassen. Gleich wie die weissen Gesichter an der Wand – es soll jeder in denen sehen, was er oder sie sehen möchte. Nach Beendung des Montierens warteten wir das Anlegen des nächsten Schiffes ab. Die Masken waren exakt auf Augenhöhe der Schiffsterrasse platziert und somit sehr gut sichtbar von dort. Die Fahrgäste zeigten nur wenig, dafür aber eigentlich nur positive Reaktionen. Die Kapitänin schien nichts aussergewöhnliches zu bemerken. Zusätzlich gingen wir noch auf die Brücke um die Sichtbarkeit zu überprüfen und weitere Reaktionen zu sehen. Tatsächlich fielen sie von oben ganz gut auf und lösten auch das eine oder andere Fingerzeigen aus.

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Zusammengefasst kann man sagen, dass unsere Intervention erfolgreich umgesetzt werden konnte und nicht allzu viele, dafür ausschliesslich positive Reaktionen ausgelöst hat. Die Dauer der Intervention ist zwar aufgrund des teils fortgeschrittenen Verwelkens einiger Bärte nicht unbegrenzt, in ihrer Vergänglichkeit dafür umso schöner. Als ich eine Woche später vorbeischaute waren nur noch acht von den ursprünglichen elf an der Wand (nota bene die einzigen drei, die wir in Reichweite aufgehängt hatten).
Die Gesichter, die geblieben sind leuchten jedoch weiter vom Rhein hinauf und verschönern diesen urbanen Raum.

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